Man erzählt sich die Geschichte von einer Weisen, die sehr alt wurde und tiefglücklich lebte.

Sie war eine grosse Lebensgeniesserin und verliess das Haus nie, ohne sich eine Handvoll Bohnen einzustecken. Sie tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen, und schon gar nicht, um sie irgendwo einzupflanzen. Nein, sie nahm sie mit, um so die schönen Momente des Lebens bewusster wahrzunehmen und um sie besser in Erinnerung behalten zu können.

Für jede Kleinigkeit, die sie tagtäglich erlebte – zum Beispiel einen fröhlichen Schwatz auf der Strasse, ein köstliches Brot, einen Moment der Stille, das Lachen eines Menschen, eine Tasse Kaffee, eine Berührung des Herzens, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, das Zwitschern eines Vogels – kurz für alles, was ihre Sinne und das Herz erfreute, liess sie eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei.

Abends sass sie dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Jackentasche.  Sie zelebrierte diese Minuten. So führte sie sich vor Augen, wie viel Schönes ihr an diesem Tag widerfahren war, und freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem sie bloss eine Bohne zählte, war der Tag gelungen – es hatte sich gelohnt, ihn zu leben.

Verfasser unbekannt